ἀμιγεῖς βίβλοι
εὐλογητὸς ὁ Θεὸς ἡμῶν πάντοτε, νῦν καὶ ἀεὶ καὶ εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων → blessed is our God always, now and ever, and to the ages of ages
Paulys Realencyclopädie
Ἀμιγεῖς βίβλοι, nur einmal erwähnt von Joh. Tzetzes (Prol. in Aristoph.) in seinem auf eine alte Quelle zurückgehenden Bericht über die alexandrinischen Bibliotheken. Den Umfang der grossen Bibliothek (unter Ptolemaeus Philadelphus) giebt er nämlich auf 400 000 συμμιγεῖς und 90 000 ἁπλαῖ καὶ ἀμιγεῖς βίβλοι an (H. Keil Rh. Mus. [1834] VI 117 = F. Ritschl Op. I 206 und Vorr. XIf. W. Studemund Anecd. I 253; Philol. XLVI 4; weitere Litteratur bei Fr. Susemihl Alex. Litt. I 335, 33). Es werden damit anscheinend die je eine einzelne, kleinere Schrift (μονόβιβλος) oder einen Hauptsinnesabschnitt eines grösseren Werkes umfassenden Rollen bezeichnet. Für die gelehrte Thätigkeit war eine sachgemässe und durchgeführte Einteilung grösserer Litteraturwerke behufs leichter Orientierung ebenso unerlässlich, wie der Anschluss des Umfanges der einzelnen Rollen an jene für die Benützung grösserer Bibliotheken dringend wünschenswert (K. Dziatzko Rh. Mus. XLVI 362ff.). Erstere wird mit Recht im wesentlichen als das Werk alexandrinischer Gelehrten angesehen (s. Th. Birt Ant. Buchw. 438ff.), wenn schon sicher bereits darin ‚die letzte Zeit des alten Griechentums dem Hellenismus voranging‘ (E. Rohde Gött. gel. Anz. 1882, 1554f.) und besonders die gelehrten Bedürfnisse in den Schulen des Plato und des Aristoteles zu der gleichen Praxis geführt und ihre allgemeine Anwendung vorbereitet hatten. Mit diesem Zugeständnis erledigen sich die Einwürfe Th. Bergks Gr. L.-G. I 226ff. gegen jene Annahme. In der alexandrinischen Bibliothek hatte man es nicht nur mit der Litteratur der nächstvorhergehenden Zeit, sondern mit der gesamten griechischen (und aussergriechischen) in vielen, ganz verschiedenen Exemplaren zu thun, für die jene Arbeit noch als Grundlage der Ordnung und weiteren Bearbeitung der zusammengebrachten Rollenmassen vor allem vorzunehmen war. Weiter aber musste die Verwaltung jener Bibliothek auf die Anlage einer Sammlung von Rollen bedacht sein, deren Umfang mit der Einteilung der Werke übereinstimmte, diese verewigte, für die Benützung die grösste Bequemlichkeit und zugleich für die Bestimmung des Inhaltes anderer Rollen den sicheren Anhalt bot. Diese teils durch Ausscheidung richtig begrenzter Rollen, teils durch Umschreiben oder Umkleben gewonnene und durch die Übersetzungen, die man gleich nach jenen Grundsätzen ausführte, bereicherte Sammlung enthielt also die ἁπλαῖ καὶ ἀμιγεῖς βίβλοι; die sehr viel grössere Zahl der andersbeschaffenen Exemplare, in denen mehrere Bücher oder Teile von mehreren Büchern eines Werkes ohne jede Einteilung oder verschiedene Einzelschriften sich befanden, waren die συμμιγεῖς βίβλοι. Ihre Zahl sank, da man bei Abschriften wohl stets an die eingeführte Einteilung sich anschloss; auch hatte ihre Bedeutung für die Kritik der Texte abgenommen, und es wurde auf ihre Erneuerung nicht mehr Bedacht genommen. Damit kamen wohl auch die zunächst nur bibliothekstechnischen Ausdrücke ausser Gebrauch. Nur von ἁπλᾶ βιβλία ist noch einmal (Plut. Ant. 58) die Rede, wo erzählt wird, dass Antonius der letzten Kleopatra zum Ersatz für die verbrannte alexandrinische Bibliothek die von Pergamon geschenkt habe, ἐν αἷς εἴκοσι μυριάδες βιβλίων ἁπλῶν ἦσαν. Dass keine συμμιγῆ βιβλία dabei waren, findet bei der angenommenen Bedeutung der beiden Ausdrücke seine volle Erklärung (s. Dziatzko a. O.). Sehr verschieden wurde das Wesen der beiden Arten von Büchern, die der Verfasser des Plautusscholions, welcher die Tzetzesstelle frei überträgt (Ritschl Op. I 5f. = Alex. Bibl. 3f.), als commixta und simplicia et digesta [1835] bezeichnet, seit dem Bekanntwerden dieser Stellen aufgefasst. Ritschl 20ff. zählt sechs zum Teil vorher bereits von Gelehrten auf Grund der Plutarchstelle (ἁπλᾶ βιβλία) vertretene Möglichkeiten auf, sie sodann meist sehr leicht zurückweisend. Er selbst versteht (24f.) unter den συμμιγῆ βιβλία den gesamten Bestand an Rollen, unter den ἀμιγῆ aber die nach Ausscheidung der Doubletten verbleibenden. Dass dann aber jene Ausdrücke nicht auf eine Beschaffenheit der einzelnen Rollen Bezug nehmen würden, ist von Verschiedenen hervorgehoben worden, z. B. von H. Keil Rh. Mus. VI 246ff. (= Ritschl Op. I 226ff.). Birt Buchw. 487f. C. Haeberlin Cbl. f. Bibl. VII 7. Auch ist meines Erachtens zu bezweifeln, dass zur Zeit des Kallimachos die gesamte vorhandene Litteratur ohne Doubletten schon 90 000 Bücher umfasst habe. Am meisten Beifall fand von jenen Möglichkeiten die dritte (Ritschl 21), dass den Rollen mit einer Schrift die Miscellanrollen bei Tzetzes entgegengesetzt würden, so Bernhardy Jahrb. f. w. Kr. 1838 II 831. Schneidewin Gött. gel. Anz. 1840 II 952 und mit einiger Abänderung C. Haeberlin a. O. 6ff. Da indess die Zahl der Mischrollen nicht so gross sein konnte (400 000), musste man hinsichtlich der Zahl einen Fehler der Überlieferung annehmen. Ganz nahe mit der oben vertretenen Erklärung der Ausdrücke berührt sich namentlich, was H. Keil bei Ritschl 229 darüber sagt, der nur den Zustand und die grosse Zahl der συμμιγεῖς βίβλοι nicht mit dem vorherrschenden Mangel einer Bucheinteilung bei den umfangreichen Werken in Verbindung bringt, und Fr. Susemihl Alex. Litt. I 342f., der nach einer einleuchtenden Erklärung der ἀ. βίβλοι sich nicht bestimmt über das Wesen des ‚Mischrollensystems‘ auslässt.